Artikel der “Ruhrnachrichten” anlässlich eines Besuches von Dortmunder High-Tech Unternehmen vom 21.08.2104
Politik soll Rahmenbedingungen ändern
Einiges liegt offenkundig im Hightech-Land Deutschland im Argen, wenn es um die Finanzierung von Hochtechnologie geht. Das macht das Beispiel der Firma Digital Medics im Dortmunder Biomedizinzentrum deutlich. Das Unternehmen war 2005 eine Ausgründung der Technischen Universität Dortmund. Digital Medics stellt mit derzeit 15 Mitarbeitern Bildlogistik- und Nachverarbeitungssoftware für die diagnostische Radiologie her. Das System fand schnell Anklang bei Kunden im Ausland. Die Hightech-Schmiede konnte bereits drei Jahre nach Einführung des ersten Produktes Kunden in Saudi-Arabien gewinnen.
In der Aufbauphase unterstützte die Seed Capital Dortmund II GmbH & Co. KG das junge Unternehmen. Zum Gesellschafterkreis zählen neben der Sparkasse Dortmund und der NRW.Bank auch Privatinvestoren. Die Firma erhielt also Geld für die Entwicklungsarbeit. Als es jedoch darum ging, das Produkt an den Markt zu bringen und weiter zu wachsen, sei das aufgrund der fehlenden Finanzierungsmöglichkeiten fast nicht möglich gewesen, berichtete gestern Geschäftsführer Martin Wawro. Es sei um eine niedrige siebenstellige Summe gegangen. Hilfe kam von einem Vertriebspartner aus Saudi-Arabien, der in ein deutsches Unternehmen investieren wollte. Es ist schon peinlich, dass man ins Ausland gehen muss, um deutsche Technologie zu finanzieren, findet Wawro. Da stimmt ihm Dr. Peter Güllmann, Sprecher des Vorstandes des Bundesverbandes Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK), zu. Er hatte daher Sabine Poschmann, Beauftragte für den Mittelstand und das Handwerk der SPD-Bundestagsfraktion sowie Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Energie des Deutschen Bundestages, zu einer Rundreise eingeladen. Die Dortmunder Bundestagsabgeordnete sollte sich anhand unterschiedlicher Unternehmen ein Bild vom Spektrum der Finanzierungsform Beteiligungskapital machen.
Güllmann machte deutlich: Mit Beteiligungskapital auf Neudeutsch Venture Capital finanzierte Unternehmen wachsen schneller als normale. Doch hierzulande stünden nicht genügend Mittel zur Verfügung, im europäischen Vergleich sei Deutschland unterdurchschnittlich mit Venture Capital ausgestattet. Ziel muss es sein, dass die Politik Rahmenbedingungen so setzt, dass Beteiligungsgesellschaften bei Großanlegern mehr Kapital einsammeln und dieses in deutsche Unternehmen investieren können, sagte Güllmann.
Sabine Poschmann nahm den Ball auf, zeigte sich überzeugt, dass Deutschland mehr Wagniskapital benötigt. Ein Venture-Capital-Gesetz sei bereits in Arbeit, das jedoch einige in Berlin schon wieder infrage stellen. Poschmann sperrte sich allerdings dagegen, dass etwa Versicherungen und Pensionskassen unreguliert in solche risikoreichen Wagniskapital-Fonds investieren dürfen. Wenn die Pensionen nicht mehr gezahlt werden können, wird wieder nach der Politik gerufen.
Link zu TZDOnews, in der ebenfalls darüber berichtet wurde: https://www.tzdo.de/DWD/_111327/upload/media_135070.pdf
(Foto: Ludwig Berls, BVK)